Gedanken zu den Anschriften an Bahndienstwagen




 
Bahndienstwagen 2011
Der Ausbildungszug Gefahrgut im Speziellen, Beschriftung der Bahndienstwagen im Allgemeinen

Der "Ausbildungszug Gefahrgut" weilte von Dezember 2010 bis Anfang März 2011 in Berlin-Grunewald in der dortigen Werkstatt von DB Netz. Dieser Zug, der schon seit längerer Zeit meine besondere Aufmerksamkeit innerhalb des Bahndienstwagenparks auf sich zieht, veranlasste mich aus verschiedenen Gründen, mir ein paar generelle Gedanken zum Thema Anschriften an Bahndienstwagen zu machen.

Der Unterrichtswagen des Ausbildungszuges - übrigens ein Wagen aus einem der ehemaligen DR-Katastrophenzüge [1] - erhielt in Berlin-Grunewald eine neue Hauptuntersuchung, nachdem die Untersuchungsfrist bereits zweimal verlängert wurde. Zu meiner Überraschung bekam der Wagen auch endlich eine neue Bauartnummer, nachdem er jahrelang fälschlicherweise in die Bauart 359 [Bild 1] eingeordnet war.


[Bild 1]
60 80 99-03 000-9 mit Bauartnummer 359
Seddin, 26.12.2006
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Diese Zuordnung war m. E. und wie ich bereits vor längere Zeit auf meiner Homepage [2] ausgeführt habe deshalb falsch, weil der Bauart 359 die Aufenthaltswagen der Einheitshilfszüge (EHZ) zugeordnet sind. Der Unterrichtswagen hatte also nach meiner Auffassung in dieser Bauart nichts zu suchen, zumal nach dem Bauartverzeichnis von 1997 [3] für vierachsige Unterrichtswagen der ehemaligen DR die Bauartnummern 345, 346 und 347 vorgesehen waren. Bereits im Dezember 2010 war an dem Unterrichtswagen die (falsche) Bauartnummer 359 entfernt gewesen [Bild 2] und im März 2011 konnte ich sehen, dass er die "345" trug (siehe dazu auch weiter unten). Hat sich da eventuell jemand meine Homepage angesehen?


[Bild 2]
60 80 99-03 000-9 ohne Bauartnummer
Berlin-Grunewald, 18.12.2010
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An den beiden Kesselwagen des Ausbildungszuges - ein Leckage- und ein Armaturenwagen - wurden in Berlin-Grunewald lediglich Fristarbeiten ausgeführt, und mir ist ein Bild [4] bekannt, das den Leckagewagen im Februar 2011 auf Probefahrt auf dem Berliner Außenring zeigt. Eine angeschriebene Bauartnummer haben beide Wagen aber nach wie vor nicht erhalten. Leider ist es mir bislang noch immer nicht gelungen eine genauere Auskunft über die tatsächlichen Bauartnummern der beiden Kesselwagen des Ausbildungszuges zu erlangen. Die in der Wagendatenbank [5] [6] für beide Wagen genannte Bauartnummer "540" ist m. E. definitiv falsch. Zum einen ist diese Bauartnummer im 1997er-Bauartverzeichnis [3] nicht mehr enthalten und zum anderen wurden in früheren Verzeichnissen unter dieser Bauartnummer Stoffvorratswagen geführt. Hinter der "540" kann sich m. E. auch keine Schlüsselzahl [7] der ehemaligen DR verbergen, denn unter dieser Schlüsselzahl wurden Materiallagerwagen geführt. Auch eine Güterwagen-Bauartnummer kommt hier nicht in Betracht, da in dem Nummernbereich um 540 Autotransportwagen geführt werden [8]. Letztendlich kann es sich auch weder um eine ex DR-Gattungsschlüsselnummer (GSNR) noch um eine ex DR-Dokumentationsnummer handeln, da diese jeweils vierstellig waren. In meinen Augen einzige wenigstens einigermaßen logische Zuordnung wäre die Bauartnummer "801" [3], in der bereits vierachsige Übungskesselwagen des alten DB-Lehrhilfszuges geführt wurden [Bild 3]. Diese Bauartnummer ist jedoch dem Sachanlagenkonto für ehemalige DB-Fahrzeuge zugeordnet.


[Bild 3]
80 80 972 3 099-5 Leckagen-Kesselwagen 801
Berlin-Mariendorf, 24.01.2004
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Ob die Trennung in ex DB- und ex DR-Fahrzeuge, wie sie im Bauartverzeichnis von 1997 [3] noch ausgewiesen wird, auch heute noch relevant ist und ob dies auch konsequent verfolgt wird entzieht sich meiner Kenntnis. Persönlich würde ich das verneinen, da beispielsweise auch bei den Beschriftungen der Bahndienstwagen mittlerweile ein heilloses Durcheinander und eine große Unübersichtlichkeit herrscht.

Exemplarisch sollen nachfolgend einige Beispiele genannt werden. Grundsätzlich bestehen Wagennummern aus dem Code für die Interoperabilität (Austauschcode), dem Ländercode, der Codierung wichtiger technischer Merkmale, der fortlaufenden Nummerierung und der obligatorischen Selbstkontrollziffer. Dabei unterscheiden sich Wagennummern für Reisezugwagen [Bild 4] von denen für Güterwagen [Bild 5] in ihrer optischen Darstellung.


[Bild 4]
50 80 31-33 590-6 ABn 417.1
Delitzsch, 30.08.2008
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[Bild 5]
31 80 694 0 021-2 Facs 124
Großbeeren, 15.04.2006
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Geregelt ist dies in den verschiedenen UIC-Merkblättern der Reihe 438 [9], wo auch Muster für die Anordnung der Wagennummern zu finden sind. So gilt für Güterwagen in der Regel die dreizeilige [Bild 5] und nur im Ausnahmefall, z.B. wegen Platzmangel bei Flachwagen, die einzeilige Darstellung der Wagennummer. Für Reisezugwagen ist nur die einzeilige [Bild 4] Darstellung vorgesehen. Die gleichen Regeln fanden auch Anwendung bei den Bahndienstwagen, je nachdem aus welchem Ursprungstyp der Umbau erfolgte. Bereits bei der DB, insbesondere aber in den Jahren nach dem Zusammenschluss von DB und DR zur DB AG, konnte man vermehrt beobachten, dass diese Regelungen nicht mehr eingehalten wurden. So werden häufig Wagennummern für Bahndienstwagen auf Basis ehemaliger Reisezugwagen in der Form für Güterwagen angeschrieben. Erstmalig geschah dies nach meiner Kenntnis bei einigen Fahrzeugen der Rettungszüge (vormals Tunnelhilfszüge - TuHi) [Bild 6] und bei einigen aus Altfahrzeugen umgebauten ICE-Überführungs- und Zwischenwagen [Bild 7].


[Bild 6]
60 80 991 1 218-7 Rtz-Trans 380
Kornwestheim, 24.06.2005
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[Bild 7]
60 80 992 6 502-4 Schutzwagen ICE3-B 203
Berlin-Moabit, 21.09.2006
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Aktuell tragen sehr viele Aufenthaltswagen der Einheitshilfszüge die Wagennummer in der Form 60 80 990 1 xxx-x [Bild 8] bzw. mindestens einer sogar in der in [Bild 9] gezeigten Form. Dies kann, wenn man das nötige Hintergrundwissen hat, zu Verwirrungen führen, da der Gattungsschlüssel 990 1 einer zweiachsigen Tiefladewagen-Bauart Ui zugeordnet ist [10], aber wiederum mit dem Austauschmerkmal "60" keinen Sinn ergibt, da dieses nur für Bahndienstwagen auf Basis von Reisezugwagen vorgesehen ist. Richtig wäre dagegen entsprechend der o.g. UIC-Merkblätter 60 80 99-01 xxx-x [Bild 10].


[Bild 8]
60 80 990 1 505-9 Dienst
Berlin-Grunewald, 13.02.2011
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[Bild 9]
60 80 99-01 512-5 Aufenthaltswagen
Cottbus, 09.10.2010
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[Bild 10]
60 80 99-01 512-5 Dienst
Dresden, 05.08.2006
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An zahlreichen Wagen wird die Bauartnummer und/oder die Bezeichnung überhaupt nicht mehr angeschrieben, was wiederum in erster Linie - aber nicht ausschließlich - Bahndienstwagen der ehemaligen DR betrifft. So sucht man beispielsweise bei den schwergewichtigen Synchron-Umformerwagen [Bild 11] und dem Cottbusser Motorentransportwagen [Bild 12] vergeblich eine Bauartnummer. Die beiden Kesselwagen aus dem Ausbildungszug Gefahrgut wurden oben bereits erwähnt [Bild 13] [Bild 14].


[Bild 11]
80 80 980 9032-3
Magdeburg, 18.10.2003
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[Bild 12]
80 80 9800 000-9 R
Cottbus, 19.09.2009
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[Bild 13]
80 80 973 6 002-4 Armaturenwagen
Berlin-Grunewald, 06.02.2011
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[Bild 14]
80 80 973 6 003-2 Leckagewagen
Berlin-Grunewald, 01.03.2011
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Die Liste ließe sich noch beliebig fortführen. Selbst innerhalb einer Bauart gibt es die unterschiedlichsten Beschriftungs-Variationen. Als Beispiel sollen hier noch einmal die Aufenthaltswagen der Einheitshilfszüge genannt werden. Die Wagen tragen in der Regel unterhalb der (oftmals falsch angeschriebenen - siehe oben) Wagennummer die Bezeichnung "Dienst", jedoch mal mit [Bild 15], mal ohne die dazugehörige Bauartnummer [Bild 16] [Bild 17] oder die Bauartnummer ist "irgendwo" (in der Regel rechts oberhalb der Wagennummer) angebracht [Bild 18].


[Bild 15]
60 80 990 1 533-1 Dienst 359
Berlin-Grunewald, 02.01.2011
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[Bild 16]
60 80 99-01 513-3 Dienst
Stendal, 09.05.2009
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[Bild 17]
60 80 990 1 527-3 Dienst
Cottbus, 20.09.2003
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[Bild 18]
60 80 990 1 528-1 Dienst 359
Berlin-Grunewald, 12.11.2010
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Die Bezeichnung "Dienst" wurde von den Bahndienstwagen der ehemaligen DR übernommen. Hier war es üblich unterhalb der Wagennummer lediglich diese Bezeichnung (Dienst - vierachsig und mehr [Bild 19], Dienst a - dreiachsig [Bild 20], Dienst aa - zweiachsig [Bild 21]) anzugeben und den eigentlichen Verwendungszweck, z. B. Wohnwagen, jeweils rechts an der Wagenseite (mit Ausnahme der Wagen der Katastrophenzüge [1]) anzuschreiben [Bild 22].


[Bild 19]
60 50 99-24 552-0
Dienst
Kulturwagen
Berlin-Grunewald, 29.01.2006
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[Bild 20]
60 50 99-27 704-4
Dienst a
Unterrichtswagen
Staßfurt, 25.09.2010
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[Bild 21]
60 50 99-19 616-0
Dienst aa
Wohnwagen
Salzwedel, 29.10.2006
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[Bild 22]
60 50 99-19 607-9
Dienst aa
Wohnwagen
Karnin, 28.04.2006
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Diese Art der Beschriftung ergänzt um die Bauartnummer gibt es mittlerweile auch an ehemaligen DB-Wagen zu sehen, z.B. an Wohnschlafwagen 420 [Bild 23] und Gerätewagen 637 [Bild 24].


[Bild 23]
60 80 99-11 141-1
Dienst 420
Kornwestheim, 24.06.2005
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[Bild 24]
60 80 99-27 833-5
Dienst 637
Kornwestheim, 24.06.2005
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Neuerdings gibt es bei den Einheitshilfszügen auch die Variante "EHZ-A", was vermutlich die Kurzform für "Einheitshilfszug-Aufenthaltswagen" bedeutet. Bislang ist mir nur ein Bild [11] dieser Variante bekannt. Es handelt sich dabei um den neuen Magdeburger (ex Meiningen) Einheitshilfszug. Die beiden dazugehörigen Wagen tragen jedoch weiterhin die Bezeichnung "Gerätewagen" (bildlich belegt [11]) und "Energieversorgungswagen" (vermutlich analog zum Gerätewagen). Wie ich erfahren habe [12], soll es noch weitere Einheitshilfszüge mit dieser Bezeichnung geben.

Ein weiteres Beispiel für die große Bandbreite an Beschriftungsvarianten stellt das ex DB-Pendant der Einheitshilfszüge, der Einheitshilfsgerätewagen (EHG) 388, dar. Folgende Bezeichnungen sind mir bislang bekannt: Einheitshilfsgerätewagen (so fing alles an) [Bild 25], Einheitsgerätewagen (mindestens ein Wagen, der mittlerweile zu einem Kranzug gehört) [Bild 26], EHG [Bild 27] und Ehg [Bild 28], jeweils ergänzt um die Bauartnummer 388. Mindestens einer der "388er" trägt mittlerweile eine Privat-Bahndienstwagennummer [Bild 29].


[Bild 25]
60 80 99-11 038-9
Einheitshilfsgerätewagen 388
Berlin-Grunewald, 12.11.2010
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[Bild 26]
60 80 99-11 034-8 (auch hier wieder die dreizeilige Anordnung)
Einheitsgerätewagen 388
Staßfurt, 25.09.2010
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[Bild 27]
60 80 99-11 036-3
EHG 388
Kassel, 02.04.2010
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[Bild 28]
60 80 99-11 054-6
Ehg 388
Berlin-Grunewald, 27.02.2011
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[Bild 29]
60 80 0923 008-7 [P]
Neubrandenburg, 18.04.2007
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Bei dem oben bereits erwähnten Unterrichtswagen des Ausbildungszuges Gefahrgut ist nun eine weitere Beschriftungsvariante zu sehen, die ich bislang nur von einem Begleiterwagen der Bauart 662 kenne. Hier wurde selbst auf die bereits oben erläuterte minimalistische Bezeichnung "Dienst" verzichtet und an dem Wagen steht neben der Wagennummer und den üblichen technischen Angaben nur noch "BA 345" am Langträger. Der Verwendungszweck "Unterrichtswagen" wurde an der Wagenseite angeschrieben. Bilder dieses Wagens mit der neuen Bauartnummer liegen mir leider nicht vor, ich habe ihn aber Anfang März in Berlin-Grunewald gesehen. Mittlerweile ist er mit den beiden Kesselwagen wieder im Einsatz und entsprechend seinem Verwendungszweck bundesweit anzutreffen. Bei dem besagten Begleiterwagen ist "BA 662" und der Verwendungszweck angeschrieben [Bild 30]. Allerdings tritt bei die-sem Wagen das Phänomen auf, dass zum einen auch hier die Wagennummer in der falschen Form angeschrieben wurde und man darüber hinaus statt dem richtigen Austauschmerkmal "60" das falsche Austauschmerkmal "80", das eigentlich für Bahndienstwagen mit Drehgestellen auf Güterwagenbasis gilt, verwendet hat. Nach seiner Untersuchung (und Neulackierung in rot) in Berlin-Grunewald trägt er seine Wagennummer wieder in der "optisch korrekten" Form, allerdings wurde das falsche Austauschmerkmal beibehalten. Aktuelle Bilder des Wagens liegen mir leider nicht vor, aber auch diesen habe ich Anfang März 2011 in Berlin-Grunewald gesehen.


[Bild 30]
80 80 9901 650-9 (Beachte: Austauschcode!)
Berlin-Grunewald, 12.11.2010
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Weitere Informationen zum Thema Nummerierung und Anschriften an Bahndienstwagen sind auch hier zu finden.



Quellen:
[1] Burkhardt Köhler - DR-Katastrophenzüge
[2] Ausbildungszug Gefahrgut
[3] Verzeichnis der Bauart-Nummern und Bauartmerkmale für Dienstgüter- und Bahndienstwagen vom 01.10.1997
[4] "Ost-Sichtungsforum" (3. Bild)
[5] Wagendatenbank (80 80 973 6 002-4)
[6] Wagendatenbank (80 80 973 6 003-2)
[7] Auflistung der Schlüsselzahlen
[8] Step's Waggon-Archiv
[9] UIC-Merkblätter 438-1 (Reisezugwagen) und 438-2 (Güterwagen)
[10] UIC-Annexe zu 990 1
[11] "tt-Board" (Beitrag #92 - Anmeldung erforderlich um Bilder zu sehen)
[12] Mitteilung von Stefan Sachs (bghw-wagen.de)
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Bildverzeichnis:
[Bild 1] 99-03 000 mit BA-Nr. 359
[Bild 2] 99-03 000 ohne BA-Nr.
[Bild 3] Anschriftenfeld BA 801
[Bild 4] Beispiel Reisezugwagennummer
[Bild 5] Beispiel Güterwagennummer
[Bild 6] falsche Wagennr. TuHi
[Bild 7] falsche Wagennr. ICE-Schutz
[Bild 8] falsche Wagennr. BA 359
[Bild 9] falsche Wagennr. BA 359
[Bild 10] richtige Wagennr. BA 359
[Bild 11] Anschriftenfeld Synchron-Umformer
[Bild 12] Anschriftenfeld Motorentransportwagen
[Bild 13] Anschriftenfeld Leckagewagen
[Bild 14] Anschriftenfeld Armaturenwagen
[Bild 15] BA 359
[Bild 16] BA 359
[Bild 17] BA 359
[Bild 18] BA 359
[Bild 19] Dienst
[Bild 20] Dienst a
[Bild 21] Dienst aa
[Bild 22] Verwendungszweck DR-Bdw
[Bild 23] Dienst 420
[Bild 24] Dienst 637
[Bild 25] Einheitshilfsgerätewagen
[Bild 26] Einheitsgerätewagen
[Bild 27] EHG
[Bild 28] Ehg
[Bild 29] 60 80 092 3 008-x
[Bild 30] BA 662
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Update
12.03.2011







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